Scheinselbstständigkeit im Friseursalon: Guide mit Checkliste
Hand aufs Herz: Das Thema Scheinselbstständigkeit macht vielen Saloninhabern Kopfschmerzen. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen aus NRW. Kein Wunder, denn die Grenzen zwischen selbstständiger Tätigkeit und Angestelltenverhältnis sind oft fließend. In diesem Artikel erfährst du alles, was du als Saloninhaber wissen musst.
Was ist Scheinselbstständigkeit überhaupt?
Von Scheinselbstständigkeit sprechen wir, wenn jemand auf dem Papier selbstständig ist, aber eigentlich wie eine Angestellte arbeitet. Im Salon passiert das schneller als du denkst: Die „selbstständige“ Friseurin kommt jeden Tag zur gleichen Zeit, trägt Salonkleidung und bedient ausschließlich deine Stammkunden. Ups – das könnte teuer werden!
Die wichtigsten Kriterien für Scheinselbstständigkeit
Die Deutsche Rentenversicherung schaut besonders auf diese Punkte:
- Weisungsgebundenheit:
- Feste Arbeitszeiten
- Vorgegebene Preise
- Pflicht zur Salonkleidung
- Teilnahmepflicht bei Meetings
- Integration in den Betrieb
- Nutzung der Salonausstattung
- Bedienung von Salonkunden
- Teilnahme an Teambesprechungen
- Erscheinungsbild wie Angestellte
- Unternehmerisches Risiko:
- Keine eigenen Betriebsmittel
- Keine eigene Werbung
- Keine eigene Preisgestaltung
- Kein eigener Kundenstamm
Wann wird auf Scheinselbstständigkeit geprüft?
Diese Situationen lösen oft eine Prüfung aus:
- Statusfeststellungsverfahren durch die Rentenversicherung
- Betriebsprüfungen
- Hinweise von Konkurrenten oder Mitarbeitern
- Unstimmigkeiten bei der Steuererklärung
- Krankenkassenprüfungen
- Klage durch Mitarbeitende
Die 5/6-Regelung bei Scheinselbstständigkeit
Viele kennen die „5/6-Regelung“: Wenn jemand 5/6 des Umsatzes mit einem Auftraggeber macht, gilt das als Indiz für Scheinselbstständigkeit. Aber Vorsicht: Diese Regel ist nur einer von vielen Faktoren!
Checkliste: So erkennst du Scheinselbstständigkeit
✓ Alarmsignale für Scheinselbstständigkeit:
- Nur ein Auftraggeber
- Feste Arbeitszeiten
- Keine eigenen Arbeitsmittel
- Nutzungspflicht von Salonprodukten
- Keine eigene Werbung erlaubt
- Ausschließlich Salonkunden
- Kein unternehmerisches Risiko
✓ Zeichen echter Selbstständigkeit:
- Mehrere Auftraggeber
- Flexible Zeiteinteilung
- Eigene Betriebsmittel
- Freie Produktwahl
- Eigene Marketingaktivitäten
- Eigener Kundenstamm
- Unternehmerisches Risiko
Die Folgen von Scheinselbstständigkeit
Wird Scheinselbstständigkeit festgestellt, wird’s teuer:
- Finanzielle Folgen:
- Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (bis zu 4 Jahre)
- Steuernachzahlungen
- Säumniszuschläge
- Bußgelder bis zu 25.000 Euro
- Rechtliche Konsequenzen:
- Strafverfahren möglich
- Automatisches Arbeitsverhältnis
- Kündigungsschutz für den Mitarbeiter
So vermeidest du Scheinselbstständigkeit
1. Klare Verträge
- Kooperationsvertrag statt Arbeitsvertrag
- Raumnutzungsvereinbarung
- Dokumentation der Selbstständigkeit
- Eine beliebte Alternative ist die Stuhlmiete
2. Mehr Freiheit geben
- Flexible Arbeitszeiten ermöglichen
- Eigene Preisgestaltung erlauben
- Produktwahl freistellen
- Eigenes Marketing unterstützen
3. Dokumentation verbessern
- Nachweise der Selbstständigkeit sammeln
- Aktivitäten dokumentieren
- Regelmäßige Überprüfung
FAQ: Die häufigsten Fragen zur Scheinselbstständigkeit
Wie kann man Scheinselbstständigkeit umgehen?
Verträge oder Vereinbarungen gelten hier wenig, wenn sie nicht in der Praxis umgesetzt werden. Wichtig ist also, dass die Selbstständigkeit gelebt wird. Das heißt Selbstständige müssen unabhängig sein vom Auftraggeber, haben mehrere Auftraggeber, machen ihre eigenen Regeln und tragen ihr eigenes Unternehmensrisiko.
Was ist bei Freiberuflern anders?
Auch Freiberufler können scheinselbstständig sein. Der Status „Freiberufler“ schützt nicht vor einer Prüfung der Selbstständigkeit.
Was tun bei nur einem Auftraggeber?
Das ist ein großes Risiko, das in der Friseurbranche schnell auftritt. Eine Friseurin arbeitet in zwei Salons, ein Salon schließt. Schon hat sie nur noch einen einzigen Auftraggeber und rutscht in die Scheinselbstständigkeit. Zentral ist es hier, schnell einen zweiten Auftraggeber zu finden und bis dahin pedantisch darauf zu achten, dass die Selbstständige wirklich selbstständig arbeitet.
Fazit: Lieber vorbeugen als nachzahlen
Scheinselbstständigkeit ist kein Kavaliersdelikt. Mit den richtigen Maßnahmen kannst du das Risiko aber deutlich minimieren. Im Zweifel gilt: Lieber einmal mehr prüfen und anpassen, als später teure Nachzahlungen zu riskieren.
Praxis-Tipp: Hole dir bei der Vertragsgestaltung juristische Unterstützung und eine Beratung für das Verhalten im Alltag. Das ist günstiger als spätere Nachzahlungen!