In unserer Kolumne berichten wir nun regelmäßig über die Tücken, Freuden und Leiden des Business-Lebens. Wie der Name Kolumne schon sagt, geht es hier um die persönliche Meinung des Autors und nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung über das Paarungsverhalten der Schnabelbrust-Schildkröte. Ein Falsch oder Richtig gibt es also nicht!
Wie oft habe ich in meinem Leben schon den Satz gehört „Der/Die ist ja NUR Friseur/in, Dachdecker/in oder Änderungsschneider/in.“ In unserer Generation werden viele Handwerksberufe einfach nicht mehr wertgeschätzt. Warum? Weil es sich um Ausbildungsberufe handelt, bei denen man kein sechsstelliges Gehalt im Jahr mit nach Hause bringt. Können wir das bitte mal sein lassen?!
„Was läuft hier eigentlich schief? Wann ist es eigentlich so weit gekommen, dass Ausbildungsberufe – vor allem Handwerksberufe – nichts mehr in unserer Gesellschaft zählen?“
Akademiker vs. Handwerk
Erst letztens saß ich im Rahmen einer Familienfeier mit meiner Verwandtschaft am Mittagstisch. Vor mir eine Horde promovierter Mathematiker und Pharmazeuten, Banker, Ingenieure, angehenden Lehrer, Tierärzte und Juristen. Auf einmal kamen wir auf eine Bekannte der Familie zu sprechen. Man hielt nicht viel davon, wie sie in einer bestimmten Situation reagiert hatte und schon fiel der Satz: „Na ja, die ist halt auch nur Friseurin!“. Alle stimmten dieser Aussage wild nickend zu und ich dachte mir nur: „Was läuft hier eigentlich schief? Wann ist es eigentlich so weit gekommen, dass Ausbildungsberufe – vor allem Handwerksberufe – nichts mehr in unserer Gesellschaft zählen?“
„Hast du kein Abizeugnis und keinen Uniabschluss in der Tasche, bist du nichts wert!“
Ein bisschen mehr Wertschätzung, bitte!
Man könnte das Ganze einfach auf meine Familie schieben. Doch leider fallen solche Sätze ebenfalls im Freundes- und Kollegenkreis oder auf Partys. Auch eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Mafo kommt zu diesem Ergebnis: 6 von 10 Schülern wollen auf keinen Fall eine Ausbildung im Handwerk absolvieren. 43,7 Prozent nennen als Grund die mangelnde gesellschaftliche Anerkennung, Auch Argumente wie ein niedriges Gehalt fallen in diesem Zuge. Da muss man sich nicht wundern, dass in vielen Handwerksbetrieben händeringend nach Auszubildenden gesucht wird und mit großen Image-Kampagnen für eine Ausbildung im Handwerk geworben wird. Das große Problem unserer Gesellschaft ist, dass Abitur und Studium idealisiert werden. Hast du kein Abizeugnis und keinen Uniabschluss in der Tasche, bist du nichts wert! Das ist doch die Message, die uns von klein auf vermittelt wird. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass sich in unserem Abijahrgang zwei Mitschüler für eine Ausbildung im Handwerk entschieden haben. Ich denke, sie waren kurz davor sich den Satz „Waaaas, warum machst du denn eine Ausbildung?? Du hast doch ABITUR!“ auf ein T-Shirt drucken zu lassen. Aber warum wird über Ausbildungsberufe im Handwerk so abschätzend geurteilt?
Weniger Geld = Weniger Anerkennung
Früher waren handwerkliche Berufe hoch angesehen. Heute sehen sie viele als Notlösung, für alle, die es zu nichts gebracht haben. Was selbstverständlich absoluter Quatsch ist! Doch warum ist das so? Der Großteil der Handwerksberufe zählt nicht gerade zu den bestbezahltesten Jobs. In Gehaltrankings belegen sie regelmäßig die letzten Plätze. Und das ist genau das Problem: Verdienst du wenig, bekommst du wenig Anerkennung. Dein Job ist dann einfach nichts wert. Die Image-Kampagne der Handwerkskammer wirbt mit Slogans wie „Wieder eine Idee in Form gebracht. Und? Was hast du heute gemacht?“. Genau das ist es, was das Handwerk ausmacht. Man produziert nicht einfach nur Ideen, Pläne, Konzepte oder Zahlen, man hält am Ende des Tages ein reales Ergebnis in den Händen. Naja, vielleicht nicht immer in den Händen. Aber du weißt, was ich meine. Und das erfüllt und macht happy – nicht umsonst zählen viele Handwerksberufe zu den glücklichsten Jobs.
„Und so möchte die Anwältin mit einem Stundenlohn von 200 Euro am liebsten ihren 3-stündige Färben-Schneiden-Waschen-Marathon für 20 Euro bekommen.“
„So viel kann das ja nicht kosten!“
Für einen Job im Handwerk braucht man vielleicht kein 8-jähriges Studium oder eine Promotion. Dafür aber eine lange anstrengende Ausbildung und in den meisten Fällen einen Meistertitel, um seinen eigenen Betrieb führen zu können. Das ist wahrlich kein Zuckerschlecken! Hast du dann erstmal dein eigenes Unternehmen, bist du rund um die Uhr einem harten Konkurrenz- und Preiskampf ausgesetzt. Denn jeder versucht, die Handwerksleistung ja auch noch möglichst günstig zu ergattern. Ganz nach dem Motto: Der/Die ist ja NUR XY, so viel kann das ja nicht kosten! Und so möchte die Anwältin mit einem Stundenlohn von 200 Euro am liebsten ihren 3-stündige Färben-Schneiden-Waschen-Marathon für 20 Euro bekommen.
Danke, danke, danke!
Wir alle nehmen regelmäßig die Leistungen verschiedener Handwerksberufe in Anspruch. Da kommen wir gar nicht drum herum. Stell dir mal vor, dir würde niemand mehr deine Haare schneiden? Du müsstest plötzlich dein Auto selbst reparieren? Oder dein Dach selbst decken? Da würden wir alle ganz schön alt aussehen. Vielleicht rufen wir uns das einfach ins Gedächtnis, wenn uns das nächste Mal der Satz „Der ist ja nur…“ auf der Zunge liegt. Danke ihr lieben Menschen in den Handwerksberufen – danke, dass es euch gibt!
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