Gestern Abend habe ich auf heise.de einen Artikel über Roboter gelesen, die auf der Web Summit in Lissabon eine Pressekonferenz abhielten. Die Journalisten stellten der Roboterin Sophia fragen und Sophia antwortete darauf. Das Video der Konferenz war eben so faszinierend wie erschreckend. Ich musste direkt an den Film iRobot mit Will Smith denken, in dem sich Roboter nur in ihrem Äußeren von den Menschen unterscheiden, nicht aber in ihrer Intelligenz, Verhaltensweise und Kommunikation. Ich dachte einige Zeit über das Thema Roboter und künstliche Intelligenz nach und stellte mir irgendwann die Frage, inwieweit Roboter Menschen ersetzen werden? Da ich gleichzeitig nach gutem Stoff für den Shore-Blog suchte, war mein Thema klar: Auf was muss sich das Dienstleistungsgewerbe mit der sich stetig und rasant weiterentwicklenden Roboter-Technologie einstellen?
Willkommen in der Zukunft
Roboter begegnen uns tagtäglich, auch wenn sie uns nicht mit Kopf, Beinen und Armen gegenüberstehen. Im Grunde ist dein Smartphone ein Roboter, genauso wie der Fahrscheinautomat am Bahnhof. Tatsächlich sind das zwei sehr brauchbare Beispiele für mein Thema.
Das Smartphone trägt seine KI (Künstliche Intelligenz) direkt im Namen. Es ist ein „smart phone“, also ein „schlaues Telefon“. Es ist schlau. Es ist intelligent. Wenn du genauer drüber nachdenkst, was das Ding alles kann, wird dir möglicherweise etwas schwummrig. Wenn du wissen möchtest, wie schwer ein Nasenbär ist, dauert das ein paar Sekunden. Vor 30 Jahren hätte es womöglich einen halben Tag gedauert, das herauszufinden.
Mit dem Fahrkartenautomaten haben wir direkt ein Beispiel, wie ein Roboter einen Menschen ersetzt. Den guten alten Schalter, mit Mensch drin, gibt es nicht mehr. Zur groben Orientierung: Die Deutsche Bahn besitzt (Stand 2018) 5.663 Bahnhöfe.
Eine Liste solcher Beispiele ließe sich lange weiterführen: der Check-in-Automat am Flughafen, die Selbstbedienungskasse bei Rewe, die Spülmaschine. Das haben alles mal Menschen gemacht. Für all diese Dinge gab es früher Personal und Arbeitsplätze.
Doch wie ist es um die Dienstleistungsbranche bestellt? Die Frage ist: Wann schneidet mir ein Roboter die Haare, verpasst mir eine Maniküre oder setzt mir die Akupunktur-Nadeln?
Wann oder überhaupt?
Mein erster Gedanke zu Roboter und Friseur ist der hier:
Ähnlich stelle ich mir ein Roboter-Augenbrauenzupfen oder eine Roboter-Gesichtsmassage vor.
Doch Spaß beiseite. Nehmen wir an, Roboter wären zu diesen Tätigkeiten tatsächlich in der Lage. Stellen wir uns vor, ein Roboter könnte dir eine Frisur verpassen wie Dennis Creuzberg und ein Make-up wie Gucci Westman. Aber geht es bei einer Dienstleistung am Ende nur darum? Ich sage: Nein.
Ich habe dazu zwei Gedanken: Zum einen steckt hinter einer Dienstleistung viel mehr als nur die technische Leistung. Zum anderen ist ein Dienstleister mehr als nur eine Dienstleistung.
Eine Dienstleistung ist mehr als nur die technische Leistung
Was zeichnet eine gute Dienstleistung aus? Ein hervorragendes Ergebnis. Dieses ist aber nicht nur durch die technische Leistung des Dienstleisters definiert. Ein Beispiel:
Der Dresscode für die Hochzeit meines Cousins war: légère aber elegant. Mein Gedanke: „Super. Was fange ich mit der Info an?“ Meine Rettung fand ich in einem freundlichen Mitarbeiter eines Münchner Herren-Ausstatters.
„Ich muss auf eine Hochzeit und der Dresscode ist „légère aber elegant“. Könnten Sie mich bitte entsprechend anziehen?“
Der Mitarbeiter schaute mich von oben bis unten an und schlängelte sich mit mir durch den Laden. Durch unser Gespräch (zu einer recht flippigen Karo-Hose kommentierte der Verkäufer in sympathischem Bayrisch: „Die Hos’n muss ma halt im Kreuz hab’n!“) und meine „natürliche Optik“ suchte er mir ein Outfit zusammen. Am Ende sah ich – entschuldigt diese Aussage – echt scharf aus.
Mein Fazit dazu: Eine Dienstleistung ist mehr als nur die technische Leistung!
Ich hatte keinen konkreten Wunsch. Ich wollte nicht Hose X, Krawatte Y und Hemd Z kaufen. Ich hatte nicht einmal eine Idee davon, was ich wollte. Nicht nur durch seine Expertise, sondern auch durch seine Analyse meiner Person und meines Charakters hat der Mitarbeiter etwas für mich gefunden, das perfekt passte. Es ist möglicherweise eine naive und gewagte These, aber ich sage: Selbst mit den unvorstellbarsten Algorithmen könnte kein Roboter diesen Menschen ersetzen.
Ein Dienstleister ist mehr als seine Dienstleistung
„Der Mensch heißt Mensch, weil er irgendwann erkämpft, weil er hofft und liebt, weil er mitfühlt und vergibt. Weil er lacht, weil er lebt.“
Ich bin kein großer Grönemeyer-Fan, aber diese Zeilen aus seinem Weltsong „Mensch“ treffen den Nagel nach dem ich suche sehr präzise auf den Kopf. Der Mensch ist eben ein Mensch. Ein fühlendes, erkennendes und vernünftiges Wesen. Der Mitarbeiter aus dem vorherigen Absatz hat nicht einfach auf Grundlage eines programmierten Algorithmus mein Outfit ausgewählt. Nein. Er hat mich mit seinen menschlichen Fähigkeiten analysiert, äußerlich wie innerlich. Er erkannte, was zu meinem Aussehen und meinem Charakter passt. Und genau diese Menschlichkeit ist es, die aus einem Dienstleister mehr macht, als seine Dienstleistung.
Es ist das Persönliche, das Menschliche, das uns immer wieder in einen Salon, einen Laden oder eine Werkstatt treibt, nicht nur die technische Leistung. Ich würde niemals meinen Hausarzt wechseln, weil ich ihn einfach mag! Ich mag ihn als „Mensch“. Ich vertraue ihm, ich finde ihn lustig, ich fühle mich wohl. Alle diese Dinge sind bei einem Roboter, egal wie weit er technisch auch entwickelt sein mag, nicht vorstellbar. Und genau so verhält es sich auch bei meiner Friseurin, meinem Heilpraktiker, meinem Physiotherapeuten oder meiner Yoga-Lehrerin. Ich gehe hin, weil ich den Menschen gut finde. Das kann mir ein Roboter nicht bieten.
Fazit: Dienstleister sind Menschen – und das ist gut so!
Auch wenn die Roboterin Sophia auf die Fragen der Reporter in Lissabon sinnvolle Antworten gegeben hat, hätte man sie leicht überfordern können. Was hätte Sophia auf die Frage „Findest du, mir steht diese Flechtfrisur?“ wohl geantwortet?
Ich komme zu dem Schluss, dass sich der Dienstleistungssektor, trotz des enormen Fortschritts in Robotertechnologie und Künstlicher Intelligenz, keine Sorgen machen musst. Dein größter Trumpf ist dein Menschsein! Dagegen kommt selbst in den unrealistischsten Zukunftsvisionen kein Roboter an. Deine Emotionalität, dein Verstand, dein Einfühlvermögen, deine Kommunikationsfähigkeit und deine Kreativität sind nur einige der vielen Fähigkeiten, die du deinem Konkurrenten aus dem Labor immer voraus haben wirst. Du wirst als Mensch immer einen besseren Service bieten und deine Persönlichkeit wird stets einer der Hauptgründe sein, warum ein Kunde überhaupt zu dir kommt.
In diesem Sinne: Locker bleiben. Sei ein Mensch… und zwar ein guter.
Uns würden eure Meinungen zu dem Thema interessieren! Wenn ihr eure Meinung zu dem Thema teilen möchtet, dann schreibt mir eine E-Mail an ferdinand.kreitmair@shore.com!