Unternehmen in der Corona-Krise: beauty hairless

von | 2. April 2020

Das COVID-19 Virus, auch bekannt als das neuartige Coronavirus, ist derzeit das Thema Nummer eins in Deutschland. Die Zahl der Infizierten steigt täglich und die Bundesregierung kämpft mit allen Mitteln gegen die Ausbreitung der neuartigen Krankheit. Doch nicht nur gesundheitlich, auch wirtschaftlich steht das Land angesichts der Corona-Krise vor zunehmend großen Herausforderungen. Viele Unternehmen sehen durch Geschäftsschließungen, ausbleibende Kunden, Lieferunterbrechungen und Arbeitsausfälle ihre Existenz bedroht. Und auch wenn viel über Hilfsmaßnahmen und Sonderprogramme für deutsche Unternehmen geredet und diskutiert wird, bleibt doch eine große Unsicherheit.

Wir wollen nicht über euch reden, sondern mit euch! Wir möchten wissen, wie es Unternehmen in der Corona-Krise wirklich geht. Deshalb befragen wir regelmäßig KMU und Dienstleister zu ihren Erfahrungen mit Umsatzeinbußen, Ängsten, Hilfskrediten und Herausforderungen, die das COVID-19 Virus mit sich bringt. Die Gespräche teilen wir hier auf unserem Blog mit euch.

Interview mit Susanne Meier von beauty hairless

Susanne Meier von beauty hairless

Susanne Meier ist Geschäftsführerin von beauty hairless, ein Institut für Haarentfernung in Braunschweig. Sie musste aufgrund der COVID-19 Pandemie schließen und Kurzarbeit beantragen. Wir haben uns mit ihr zum Telefoninterview verabredet und sind beeindruckt, wie lösungsorientiert, ruhig und positiv Susanne trotz der Herausforderungen mit dieser Situation umgeht. Außerdem erzählt sie uns von dem Kampf mit ihrem Soforthilfeantrag, weshalb es genau jetzt so wichtig ist, mit den Kunden im Kontakt zu bleiben und wie sie trotz der Schließung auf sehr kreative Art und Weise Umsatz generiert.

Shore: Wie sieht die aktuelle Situation bei euch aus?

Susanne Meier: Es ist schwierig. Da wir nicht wissen, wie lang die Situation anhält, müssen wir das Finanzielle im Auge behalten und schauen, dass wir nicht zu spät ein Insolvenzverfahren einleiten. Wir dachten, dass wir vor Ostern wieder arbeiten können – aber es ist klar, das wird nicht mehr passieren. Nach Ostern ist dann der 20. April, aber ich glaube, das wird auch nichts mehr. Ich denke, dass wir mindestens noch den ganzen April geschlossen haben werden. Und dann müssen wir weitersehen. Wir schauen, wo wir Kosten einsparen oder die Miete einbehalten können und sprechen mit allen Leuten, wo wir Ausgaben haben. Und hoffen, dass wir dann wieder durchstarten können.

Shore: Habt ihr Möglichkeiten, auf andere Weise in dieser Situation Umsatz zu generieren?

Susanne Meier: Ja, wir haben einen Onlineshop, den wir jetzt versuchen zu pushen. Das ist die eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit ist, die Kunden noch einmal anzurufen. Es gibt ganz viele Unternehmen in der Kosmetikbranche, die anbieten, die Produkte direkt an die Kunden zu schicken – ohne Versandkosten. Man muss mit den Kunden in Kontakt treten. Man darf sich nicht verstecken.

Shore: Wie sieht dein Plan für diese Zeit aus? Liegt euer Fokus komplett auf dem Onlineshop? Habt ihr noch andere Pläne, wie ihr die Zeit überbrückt?

Susanne Meier: Es gibt viele Dinge, die man machen kann. Man kann die Praxis aufräumen oder andere Dinge erledigen, die man sonst nicht schafft. Ich muss ganz ehrlich zugeben, man ist auch erstmal in so einer Phase, wo man denkt: Oh Gott, was machen wir denn jetzt?! Aber jetzt nach einer Woche kommen die Ideen. Was kann man ansonsten noch machen – man muss die Mitarbeiter motivieren. Wir sind über WhatsApp viel in Verbindung oder jetzt hatte ich vor, mit ihnen einen Zoom-Call zu machen. Damit wir gemeinsam besprechen können: Wie geht es weiter? Was machen wir jetzt? Wie ist die Zeiteinteilung nach der Sperre? Wir müssen die Arbeitszeiten ändern. Es waren Urlaube beantragt, die fallen natürlich weg.

„Man muss mit den Kunden in Kontakt treten. Man darf sich nicht verstecken.“

Shore: Wie geht es denn deinem Personal? Was sind ihre Hauptängste?

Susanne Meier: Natürlich, dass sie ihren Job verlieren. Sie sind jetzt aktuell in Kurzarbeit. Die größte Angst ist vor allem diese Ungewissheit. Das ist das Schlimmste für alle. Für mich und für meine Mitarbeiter. Selbst für unsere Kunden, die immer wieder fragen: Wann fangt ihr denn wieder an? Und wir müssen antworten: Das wissen wir leider nicht. Wir haben jetzt wieder Termine verlegt, weil der Zeitraum wieder gesperrt ist. Also müssen wir sie wieder verlegen. Wir wissen eigentlich gar nichts. Das ist die Angst, diese Ungewissheit: Was passiert dann?

Shore: Wie haltet ihr eure Kunden auf dem Laufenden?

Susanne Meier: Dafür nutzen wir Shore. Wir schicken SMS oder schreiben Newsletter. Ich muss jetzt unbedingt wieder einen schreiben und die Kunden auf dem Laufenden halten, vielleicht ein paar Ideen mit auf den Weg geben, wie sie sich selbst pflegen können oder so etwas in der Art. Wir versuchen auch alle anzurufen, aber das funktioniert nicht so richtig. Über Shore, da muss man ganz ehrlich sein, das ist einfach die schnelle und einfache Variante, die Leute zu erreichen.

Shore: Das freut uns natürlich sehr! Wir haben natürlich auch deinen Newsletter gesehen und fanden deine Idee echt super, eine telefonische Beratung anzubieten, die man buchen kann. Das haben wir bislang bei keinem gesehen. Wie war da das Feedback deiner Kunden?

Susanne Meier: Da kam einiges zurück! Man kann den Kunden einfach die Möglichkeit geben, ein Beratungsgespräch zu buchen, wenn sie Fragen haben, sich wie in unserem Fall selber enthaaren wollen oder sich selber pflegen wollen. Man kann den Kunden über die Terminvereinbarung ganz viel ermöglichen. Man muss ihnen natürlich über einen Newsletter o.ä. mitteilen, dass sie sich melden sollen, wenn etwas ist oder die Kunden halt einfach anrufen. Ich denke, man kann ganz viel machen und da muss man beide Sachen sehen: Einmal ist da natürlich der Newsletter und die Möglichkeit, viel online zu machen, aber das Persönliche darf natürlich auch nicht fehlen. Viele Dienstleister haben auch ältere Kunden, wo man einfach anrufen muss. Die gucken nicht in einen Newsletter. Aber da ist es auch wieder gut, die Kundendaten zu haben und auf die Telefonnummern zugreifen zu können usw. Das ist eine riesige Kundendatei, die man dann natürlich auch nutzen sollte.

„Die größte Angst ist vor allem diese Ungewissheit. Das ist das Schlimmste für alle. Für mich und für meine Mitarbeiter. Selbst für unsere Kunden.“

Shore: Richtig, das ist ein wichtiger Tipp. Welche Informationen fehlen dir denn aktuell – zum Beispiel von Seiten der Regierung? Wo könntest du noch Unterstützung gebrauchen?

Susanne Meier: Ganz schwierig finde ich jetzt zum Beispiel die Sache mit den Soforthilfen. Darüber wird ganz viel im Radio, im Fernsehen etc. geredet und erzählt, dass alle unterstützt werden. Ich habe zum Beispiel die Soforthilfe beantragt. Das sind diese 3.000 Euro bei 5 Angestellten. Ich bin gestern fast verzweifelt, weil ich diesen Antrag nicht wegschicken konnte. Da kam immer wieder nur zurück, dass das eben abgelehnt wurde, weil in dieser Mail irgendetwas war, was die als Spam eingestuft haben. Und am Ende des Tages haben wir das Wort “Soforthilfe” aus dem Antrag genommen und dann ging es. Solche Sachen finde ich vor allem für kleine Unternehmen echt schwierig. Mein Partner ist Programmierer und selbst der hat sich gefragt: “Warum wird das abgelehnt? Das gibt es doch gar nicht. Wir haben es von unterschiedlichen E-Mail-Adressen versucht und und und…” Wenn man an solchen Sachen schon scheitert und die E-Mail nicht mal wegschicken kann, dann finde ich das unmöglich. Es kommen auch ganz viele Infos per Mail, aber man ist gar nicht in der Lage, das alles aufzunehmen. Man ist schon überfordert mit der ganzen Geschichte. Auch wenn es heißt, es wäre alles ganz, ganz einfach – das ist es nicht. Aber natürlich kann die Regierung auch nicht klar sagen, dann und dann fangen wir wieder an oder so und so läuft das. Das wissen sie ja selbst nicht. Ich denke, sie machen schon eine ganze Menge. Man muss einfach geduldig sein. Und einfach seine Angst ein bisschen beiseite stellen und sagen: Alles wird gut! Wir sitzen alle im gleichen Boot und sicherlich werden das einige Unternehmen nicht überleben, aber es geht doch immer weiter.

Shore: Zu den Hilfsmaßnahmen: Du hast ja schon erzählt, dass ihr in Kurzarbeit gegangen seid und die Soforthilfe beantragt habt. Habt ihr ansonsten noch etwas in Anspruch genommen oder plant etwas in Anspruch zu nehmen?

Susanne Meier: Erstmal nicht. Wir sind ein Unternehmen, das noch relativ gut dasteht. Ich kann jetzt nicht alles beantragen und dann sagen die: Ähm, wieso denn das? Ich glaube, jetzt sind erstmal Unternehmer dran, die gar nichts mehr haben. Und nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen. Das ist nochmal etwas anderes. Wir halten das jetzt erstmal noch 5 Wochen durch und dann müssen wir schauen. Ich habe im Vorfeld schon ganz viel gemacht, indem ich z.B. den Vermieter angerufen und ihn vorgewarnt habe, dass wir nächsten Monat vielleicht die Miete nicht zahlen können. Vorausschauend arbeiten ist wirklich wichtig, dass man schon einmal einen Plan B hat und nicht erst reagiert, wenn es schon zu spät ist. Aber viele Unternehmen sind ja schon an dem Punkt, dass es nicht mehr geht. Dann muss man sofort handeln.

„Ich bin gestern fast verzweifelt, weil ich diesen Soforthilfeantrag nicht wegschicken konnte. Da kam immer wieder nur zurück, dass das eben abgelehnt wurde, weil in dieser Mail irgendetwas war, was die als Spam eingestuft haben. Und am Ende des Tages haben wir das Wort “Soforthilfe” aus dem Antrag genommen und dann ging es.“


Shore: Ich muss wirklich sagen, es ist bemerkenswert mit welcher Ruhe und Konzentration du dich diesem Thema annimmst. Vielen Dank auch für deine hilfreichen Tipps! Du hast so viel Wichtiges gesagt, beispielsweise dass man vorausschauend agieren und seine Ängste zurückstellen muss. Hast du abschließend noch einen weiteren Tipp, den du anderen Selbstständigen gerne mit auf den Weg geben möchtest?

Susanne Meier: Ich denke, es ist ganz wichtig, mit den Kunden im Kontakt zu bleiben. In irgendeiner Form. Viele sind darauf bedacht, dass kleine Unternehmen nicht den Bach runtergehen. Viele sind auch sehr mitfühlend. Ich habe zum Beispiel eine Freundin, die ist Friseurin und sie hat ihre Kunden angeschrieben und ihnen mitgeteilt, dass sie jetzt Gutscheine kaufen können, um liquide zu bleiben. Und ihre Kunden haben ganz viele Gutscheine bestellt. Das ist zum Beispiel eine Möglichkeit. Oder man ruft eben die Kunden an und sagt: Wir wissen zwar noch nicht, wann wir wieder anfangen, aber wollen wir nicht schon mal einen Termin ausmachen, weil wenn es soweit ist, wird es voll. Sich nicht verstecken – das ist wichtig! Dann weiß man auch, dass seine Kunden wiederkommen. Das ist ja das Wichtigste. Vielleicht merken manche Kunden nämlich während dieser Zeit: Ach, das brauche ich gar nicht mehr. Ich kann mir auch selbst die Nägel machen, mich selbst enthaaren, mir selbst die Wimpern machen oder die Haare färben. Ich denke schon, da werden viele auch gar nicht mehr wiederkommen. Viele Kunden machen das ansonsten aus der Routine heraus, dass sie sich direkt einen neuen Termin geben lassen und sich gar nicht trauen zu sagen: Ach, ich will mal eine Pause machen. Und die nehmen das vielleicht jetzt als Möglichkeit. Aber wenn man mit seinen Kunden im Kontakt bleibt, dann ist das schon wieder etwas anderes. Man muss dranbleiben. Nicht den Kopf in den Sand stecken!

Shore: Das ist ein guter Schlusssatz! Herzlichen Dank für deine Zeit und das Interview, liebe Susanne.

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